Erfahrungen bei der Restaurierung eines Seibt 214 W


Das Radiochassis auf dem Tisch ist von meinem
Seibt 214 W
Neben vielen mechanischen Dingen und der Reparatur des Gehäuses stand die Elektronik im Mittelpunkt.
Bevor begonnen werden kann, ist es wichtig, den Schaltplan zu haben.
Im
Radiomuseum ist er leicht zu finden, dazu in den Foren und Textbeiträgen alles nur erdenklich Wissenswerte zum Thema.
 

Das Gerät habe ich als Kind auf unserer Müllkippe gefunden. Später gab es einen Reparaturversuch, aber hierbei ist wohl noch mehr kaputt gegangen.
Dann wanderte das Gerät für 30 Jahre in einen ungeheizten Schuppen. Ich hatte mich anderen Hobbys zugewandt.
Als ich ihn jetzt wieder an das Tageslicht beförderte, gab er nur ein leises Schnarren von sich, Radioempfang war nicht möglich. Als Erstes kam statt des porösen Gummikabels ein neues Netzkabel an das Gerät. Sieht zwar nicht so gut aus, aber die Sicherheit ging mir hier vor.
Spannungsmessungen an den Röhren zeigten normale Werte. Abgerissene Verbindungen wurden wieder gelötet.

Also probierte ich wieder mit Röhren die Funktion. Das Brummen und Schnarren war immer noch da. Das probeweise Überbrücken der Lade- und Siebelko's brachte keine Besserung. Auf der Rückseite gibt es zwei Drahtpotentiometer, die "Entbrummer" (linkes Bild)
Der Draht des Entbrummers der Audionröhre war gerissen. In Ermangeluing eines passenden Potis lötete ich einen Drahtwiederstand von 100 Ohm mit Mittelabgriff ein. Das Ergebnis var verblüffend - das Brummen war erheblich leiser geworden und auf der Mittelwelle war leise ein Sender zu hören. Allerdings sehr verzerrt.

Als Nächstes prüfte ich sämtliche Kondensatoren. Das war recht mühselig, da einige schwer zugänglich sind und die Messung der Kapazität mit dem Multimeter nicht 100 % aussagekräftig ist. Wichtig ist auch die Isolationsprüfung. Hierzu ist im Radiomuseum viel nachzulesen. Es gab auch zwei Kondensatoren im Gerät, die keine waren, sondern eine R/C Kombination. (rechtes Bild) Ich habe einige Zeit gebraucht, um das heraus zu bekommen. Da ich die nicht prüfen konnte, ersetzte ich sie durch eine entsprechende Kombination.

Jetzt war der Empfang schon deutlich besser, allerdings immer noch stark verzerrt. Ursache dafüf war der Lautsprecher. Durch die Feuchtigkeit war die Membran völlig verzogen und der Luftspalt der Erregerspule mit Rost zugewachsen. Der Lautsprecher mußte zerlegt werden. Glück dabei war, das der Kleber der Membran am Lautsprecherkorb sich gelöst hatte und die Membran sehr leicht zu lösen war. Der Luftspalt wurde mit Sandpapier entrostet und anschließend gründlich gereinigt und mit einem Ölfilm versehen.

Der Zusammenbau gestaltete sich insofern einfach, da der Lautsprecher über eine Zentrierspinne verfügt. Es mußten nur vier passende Kartonstreifen zwischen Schwingspule und Membran eingefügt werden. Damit wird die Membran montiert und die Schwingspule vorsichtig eingeführt. Nach dem Festziehen der Schraube in der Mitte der Zentrierspinne werden die Streifen herausgezogen - fertig! Das Ganze saß auf Anhieb richtig und die Membran konnte am Rande mit sehr wenig Klebstoff befestigt werden. Den eigentlichen Halt bekommt sie durch das Befesigen des Lautsprechers auf der Grundplatte. Ohne Zentrierspinne wäre es wohl ungleich schwieriger gewesen, den Lautsprecher wieder zum Klingen zu bringen. Nachdem auch sämtliche Kontakte gereinigt und mit Kontaktspray behandelt wurden ist ein klarer Empfang der starken Mittelwellensender möglich.

Nach einigen Versuchen konnte ich feststellen, daß ein ca. 3 Meter langer Draht als Antenne gute Dienste tut. Allerdings sind die Empfangsleistungen nur auf der Mittelwelle in den Nachtstunden befriedigend. Ich kam dann auf die Idee, an das "heiße" Ende das Schwingkreises über einen 10 pF Kondensator die Antenne anzuschließen. Das Ergebnis war verblüffend. Auf der Mittelwelle waren am Tage mehrere Sender zu empfangen, darunter das deutschsprachige Programm von Radio Moskau ! Abends kam dann auch in die Kurzwelle Leben. Wenigstens zwanzig Sender der unterschiedlichsten Sprachen waren deutlich zu hören.
Es ist schon sehr beeindruckend mit so einem Oldtimer diese Entfernungen zu überbrücken und auch so ein Stückchen Geschichte der Kommunikationstechnik nach zu vollziehen und zu erleben. Mal ganz abgesehen davon, daß es viel Freude macht, abends vor dem Gerät mit der schönen Skala und den glühenden Röhren zu sitzen und in die Welt zu lauschen ...

 

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