Grammophon Werkstatt
 

auf dieser Seite will ich über meine Erfahrung bei der Reparatur und Restaurierung von Grammophonen berichten.
Natürlich lerne ich immer mehr dazu ! Diese Seiten spiegeln meine persönlichen Erfahrungen und Meinungen wieder. Sollten sich hier Fehler und Irrtümer finden, bin ich für eine Nachricht sehr dankbar. Nochmehr würde ich mich freuen, wenn so ein allgemein zuganglicher Erfahrungsschatz und - austausch für alle Freunde von Grammophonen und Phonographen entstehen würde !
Da die Seite allmählich wächst und mir immer wieder neue Ideen und Ergänzungen einfallen, sind die Informationen manchmal etwas willkürlich aufgeteilt. Deshalb auch einige Querverweise innerhalb meiner Seiten.

Für denjenigen, der noch keine Erfahrungen mit der Technik eines Grammophons hat finden sich hier einige Grundlagen.

Vielleicht ist diese Seite eine Anregung für andere Grammophonfreunde,
vielleicht bekomme ich aber auch Anregungen und Vorschläge.

Restaurierungsprojekte


Fehlertabelle
(in der linken Spalte sind Fehler aufgelistet, in der rechten Spalte die Ursachen für diese Fehler und ebefalls rechts in kursiver Schrift, Hinweise zur Fehlerbehebung)

Plattenteller dreht nicht, ist fest

1. Motor komplett eingerostet
2. Fett völlig verharzt
3. Regulator verklemmt.

1. und 2. Den Plattenteller nicht mit Gewalt drehen! Motor zerlegen + reinigen. Manchmal hilft es, den Motor mit Rostlöser einzusprühen und ihn leicht zu erwärmen. Augf keinen Fall mit Gewalt vorgehen ! Geduld haben !
3. Die
Anlaufscheibe des Regulators kann auf der Welle festsitzen. Regulator herausnehmen, dabei sollte die Antriebsfeder entspannt seit oder die Plattentellerachse gegen Verdrehung gesichert sein ! Die Regulatorfedern abnehmen und die Anlaufscheige gangbar machen. Zum Lösen vorsichtig erwärmen und mit Rostlöser behandeln. Besteht die Anlaufscheibe aus Zinkspritzguß ist besondere Vorsicht vonnöten. Das Material ist sehr brüchig. Evtl. hilft nur Ersatz durch ein Neuteil.

Plattenteller dreht nicht, läßt sich aber leicht von Hand drehen

1. Antriebsfeder nicht aufgezogen.
2. Antriebsfeder gebrochen
3. Zahnräder des Antriebs beschädigt oder nicht vorhanden
1. Federwerk aufziehen, bzw. prüfen, ob Aufzugmechanismus funktioniert.
2.
Feder erneuern oder reparieren.
3. Antrieb auf Vollständigkeit prüfen. Alle in der
Abbildung gezeigten Bauteile müssen vorhanden sein.

Plattenteller dreht, aber Leiern beim Abspielen einer Platte, ungleichmäßige Drehzahl

1. Plattenteller auf Antriebswelle lose.
2. Mittelloch der Platte zu groß, Platte extrem wellig.
3. Filz des Regulators verhärtet.
4. Antriebsfeder verrostet, verschlissen oder schwergängig.
5. Schmierung des kompletten Motors ungenügend.
6. Regulatorfedern defekt.
7. Nadel abgenutzt
8. Tonarm verklemmt, Anpressdruck der Nadel zu groß.

Beispiel für Gleichlaufschwankungen:
Youtubelink, öffnet im neuen Fenster.
Hier ist deutlich zu sehen, wie das Schneckenrad eiert:
Youtubelink, öffnet im neuen Fenster.
Ein beispiel für ein gleichmäßig laufendes Werk :
Youtubelink, öffnet im neuen Fenster.
 

Plattenteller dreht, bleibt beim Einstellen der Geschwindigleit stehen

1. Anlaufscheibe des Regulators auf der Welle fest

Plattenteller dreht, Geschwindigkeit läßt sich nicht einstellen.

1. Verbindung des Einstellhebels zum Bremshebel des Regulators unterbrochen, bzw. lose.
2. Andruckfilz des Regulators liegt nicht an Anlaufscheibe an, ist verbogen oder fest.

Plattenteller dreht, Geschwindigkeit läßt sich einstellen, ist aber zu hoch oder zu niedrig

1. Verbindung zwischen Einstellhebel der Geschwindigkeit und Bremshebel regulator ist verstellt oder lose.
1. Verbindung befestigen und so einstellen, daß 78 Umdrehungen/Minute in Mittelstellung sind. Als Einstellhilfe eine Stroboskopscheibe benutzen

 

 

Ton beim Abspielen einer Platte verzerrt, klirrt, scheppert

1. Lagerung Übertragungshebel (1) an Schalldose lose
2. Schräubchen des Übertragungshebels an Membran der Schalldose lose.
3. Gummirinde der Membran an Schalldose verhärtet, lose oder nicht vorhanden

1. Lagerung festziehen. An der Abbildung der Schalldose mit 1 gekennzeichnet. Das sollte mit Fingerspitzengefühl geschehen: Nur so fest, daß das Lagerspiel gerade weg ist. Wird zu fest gezogen, werden die tiefen Töne schlecht übertragen, der Ton wird blechern.
2. Schräubchen sehr vorsichtig festziehen, mit einem Tropfen Wachs sichern. Kein Sekundenkleber o.ä. !! An der
Abbildung der Schalldose mit 2 gekennzeichnet
3. Neue Gummiringe einziehen. Bekommt mann hin und wieder als 0-Ringe im Baumarkt oder Kfz-Bedarf. Besser noch sind dünne Gummi- oder Silikonschläuche.An der
Abbildung der Schalldose mit 3 gekennzeichnet

 

 


Der Antrieb

Dieser Motor (Columbia Nr.50) war in einem wirklich jämmerlichen Zustand, siehe linkes Bild. Ich hatte ihn in meiner Kindheit auf dem Müll gefunden - er sah damals nicht viel besser aus ! Die Lagerung in der Ecke eines Schuppens über 30 Jahre beförderten auch nicht seinen Zustand. Da der Motor ein englisches Fabrikat ist, mußte ich peinlich darauf achten, jede Schraube zu retten. Mit Rostlöser über Nacht eingeweicht und jeden einzelnen Schraubenschlitz vorher bis auf den Grund gereinigt, gelang es mir alle Schrauben ohne zusätzliche Beschädigung herauszubekommen. Beim Zerlegen sollte man auf die Lage und Anordnung diverser Scheiben und Federn achten - skizzieren oder fotografieren. Es ist wirklich ratsam, alles zu zerlegen, um wirklich jedes Lager und Gewinde reinigen zu können Zum Entrosten habe ich fast nur eine Drahtbürste verwendet - lediglich die Außenseite des Federgehäuses und die Bodenplatte des Motors mußten wegen des tief eingedrungenen Rostes mit feinem Schleifpapier gereinigt werden. Alte Fettreste lassen sich am Besten mit Bremsenreiniger (im Kfz-Zubehör erhältlich) reinigen, eventueller Rost an Lagerstellen mit sehr feinen Schleifpapier entfernen. Keinesfalls sollte versucht werden, vor der abgeschlossenen Reinigung irgendwelche Wellen mit Gewalt durchzudrehen um sie zu lockern. Es kann sein, daß sich zwischen den Zahnflanken Fremdkörper befinden, die das Getriebe dauerhaft schädigen können. Es ist besser, die Wellen und Zahnräder mit einem passenden Dorn aus den Lagern zu schlagen - wenn man denn herankommt. Auch Rostlöser wirkt hier Wunder. Tickende Geräusche beim Betrieb des Motors deuten auf beschädigte Zähne hin. Die meisten Zahnräder können in der Höhe durch Distanzscheiben verstellt werden, so daß man die Möglichkeit hat, einen störungsfreien Eingriff zu gewährleisten. Bei diesem Motor war ein bogenförmiger Ausbruch am Schneckenrad der Plattentellerwelle auf diese Weise unschädlich zu machen.


Die nächste harte Nuß ist diese Feder eines Columbia Nr.50
Wenn man das Foto rechts genau betrachtet, sieht man schon, daß die Feder mehrfach gebrochen ist, vom Rost mal ganz zu schweigen
Nach dem Entfernen der Feder sah es so aus:.
 Trotzdem habe ich zu Übungszwecken versucht die beiden längsten Enden der Feder zu reparieren. Da aber reichlich Rost vorhanden war, konnte das wirklich nur eine Übung sein. Die Federenden müssen vernietet werden. Da das Material gehärtet ist, läßt es sich nicht so ohne Weiteres bohren. Mit einem kleinen Propanbrenner (ähnlich einer Spraydose - im Baumarkt für wenig Geld zu bekommen) werden die Federenden auf einer Länge von ca. 15-20 mm zur dunklen Rotglut erhitzt - für ca. 30 Sekunden. Anschließend läßt man sie langsam abkühlen. Jetzt können die Federenden gebohrt werden. Um sicherzustellen, daß die Federenden wirklich in einer Linie ausgerichtet sind, habe ich mit einigen Holzleisten eine kleine Vorrichtung gebaut. Beide Federenden werden übereinandergelegt, festgespannt, gekörnt und anschließend gebohrt. Zwei Löcher sollten ausreichend sein. Als Niete habe ich gewöhnliche ca. drei Millimeter dicke Nägel mit kleinem Kopf verwendet - aber keine Stahlnägel !! Sie werden auf eine Länge von ca. drei Millimetern gekürzt. Vorher sollte noch der Grat auf der Unterseite des Kopfes weggefeilt werden, damit dieser besser aufliegt. Anschließend kann die Feder vernietet werden. Als "Amboß" habe ich einen Meißel quer in den Schraubstock gespannt, um die nötige Bewegungsfreiheit zu haben. Jetzt ein paar Hammerschläge auf den Niet, auch die Feder nochmal umdrehen und den Kopf etwas flachklopfen und die Sache ist erledigt.



Schließlich habe ich die weitgehend entrostete und gefettete Feder wieder eingesetzt. Zuerst wird sie am Federgehäuse befestigt.  In das Federgehäuse kommt reichlich Fett. Beim Einlegen der Feder kommt es so gut zwischen die einzelnen Lagen.

Hier war der Original-Haltestift versehentlich von außen abgefeilt worden - ich glaubte die Feder wäre genietet. So nahm ich eine ca. 20 mm lange M3 Schraube, mit der das Befestigen der Feder sehr einfach war. Das außen überstehende Ende habe ich später weggefeilt. Anschließend wird das Gehäuse auf der Werkbank festgespannt und die Feder vorsichtig von außen nach innen eingelegt. Dabei ist auf die richtige Lage des inneren Hakens zu achten ! Vorher unbedingt eine Skizze machen.
Die Feder hatte in diesem Fall eine Restlänge von ca. 1,5 Meter, das reichte für eine Funktionsprobe des instandgesetzten Motors aus.
Der Zeitaufwand für das "Flicken" der Feder betrug ca. eine Stunde. Das Einsetzen einer neuen Feder erfolgt ebenso. (im linken Bild) Das Entspannen der neuen Feder sollte mit großer Vorsicht erfolgen. Die Feder wird leicht in den Schraubstock eingespannt. Anschließend wird der Sicherungsdraht etwas gelockert. Die Feder wird nun in den geöfneten Schraubstock gedrückt, dabei schiebt sich der Sicherungsdraht nach oben von der Feder. Jetzt wird der Schraubstock langsam geöffnet. Dabei entspannt sich die Feder. Immer darauf achten, daß sich die Feder nicht verkantet und aus dem Schraubstock springt. Der Schraubstock sollte eine maximale Spannweite von mindestens 150 mm haben. 



Hier der sehr lesenswerte Beitrag zum Thema Grammophonfeder von Herrn Dankwarth:

Auf der Suche nach Schalldosen stieß ich auch auf Ihre Internet-Seiten und habe sie mit Interesse und Vergnügen gelesen. Warum? Nun, meine Reparatur-Erfahrungen entsprechen den Ihren. Doch möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, daß Sie viel schärfer auf die Verletzungsgefahr im Umgang mit dem Aus- und Einbau von Federn hinweisen müssen!

Federn in der Größenordnung bis 10 mm Breite können schon verletzen, wenn man nicht weiß, wie sie in jeder Beziehung „anzupacken“ sind. Ich denke hier an Bastler, die sich mal so gelegentlich an einer Uhr oder gar einem Grammophon „versuchen“.

Federn in der Größenordnung von 10-25 mm Breite müssen unter unbedingter Einbeziehung von Schutzmaßnahmen behandelt werden. Ich spreche hier zum einen aus schmerzlicher Erfahrung (das war mein erster leichtgläubiger Versuch, eine 20 mm breite Feder aus dem Federgehäuse herauszuholen), dann zum anderen, später informiert durch das Gespräch mit zwei Uhrmachermeistern und der Firma für Uhren-Zubehör, SELVA.

Falls Ihnen diese Firma nicht bekannt sein sollte: SELVA Technik,  GmbH & Co.KG. , Christian-Messner-Str. 29, 78647 Trossingen, Tel.: 07425-930400, Internet: www.selva.de.   Hier bekommen Sie alles Zubehör für Uhren ( auch für andere Hobby-Bereiche), für Grammophone nur die Federn!  Für Grammophone auch keine Achsen und Zahnräder!  Dafür aber Bronze-Buchsen für ausgeschlagene Achslager und Wellen.

Schutzmaßnahmen für den Aus- und Einbau von Federn sollten unbedingt sein:

1.)  „Absolut“ sicheres Einspannen des Federgehäuses im Schraubstock mit Schutzbacken und Drei- bzw. Vierecksloch in den Backen.

2.)  Unbedingtes Anziehen von Lederhandschuhen, möglichst mit Stulpen.

3.)  Unbedingtes Aufziehen einer schlagfesten Schutzbrille (also keine Glas-Gläser).

4.)  Gehäuse-Achse herausnehmen.

5.)  Inneres Federende mit einer gut greifenden Zange (rechte Hand) herausziehen.

6.)  Mit linker Hand ein Handtuch über die jetzt „explodierende“  Feder halten.

7.)  Stoßgebet halten, daß es geklappt hat oder vorher einen Korn trinken zum Mutmachen.

Wenn man häufig Federgehäuse aufarbeiten muss, dann epfiehlt sich der Kauf (bei SELVA)  eines „Federwinders“.  Dieses Werkzeug ermöglicht nun das wahrhaftig problemlose Aufspulen der Feder und das ebenso problemlose Einsetzen der Feder.  Man  bräuchte auch keine Handschuhe und Brille, aber, der Teufel ist ein Eichhörnchen…   Neue Federn sind so eng aufgewickelt, daß man die mit Draht zusammengehaltene Feder ohne weiteres in das Federgehäuse  einlegen kann. Aber  mit dem langsamen  Aufdrehen des Drahtes darauf achten, daß die Lage des Federpaketes schon so zu liegen kommt, daß das gelochte, äußere Federende auf dem Gehäusehaken  aufsitzen  oder sich dahinter verhaken kann

Ich selber, das ist mein Hobby, repariere  Großuhren und Mechanische Musikinstrumente. Dazu gehört natürlich auch eine Feinmechaniker-Werkstatt  bzw. Ausrüstung. Das habe ich mir alles selber beigebracht, denn mein Beruf war Fernsehtechniker beim Südwestfunk, also eine ganz andere Ausbildung.

Im Wesentlichen wollte ich auf die Gefahren im Umgang mit Federn aufmerksam machen, weil ich das in Ihrer Reparatur-Anleitung nicht so eindeutig finden konnte.

Mit freundlichen Grüßen, Dieter Dankwarth


Schalldosen
Bestandteile der Schalldose
 

1. Lagerung des Nadelträgers

2. Verbindung des Nadelträgers mit Membrane

3. Membrane mit Gummiringen

4. Nadel 

 



Sehr hilfreich zum Justieren eines Motors sind Stroboskop-Scheiben:Auf der Seite von www.oldcrank.com (auch sonst einen Besuch wert !) finden sich zwei davon:
Scheibe für 50 Hz
Scheibe für 60 Hz
Die Angabe Hz steht für die Netzfrequenz. (in Deutschland 50 Hz)
Die Scheibe wird auf den Plattenteller gelegt. Der Ring, der bei sich drehendem Plattenteller scheinbar stehenbleibt, zeigt die Drehzahl an.
Bei meinem Plattenspieler, der eigentlich mit relativ jungen Platten die korrekte Drehzahl von 78 U/min zu haben scheint, steht der 80er Ring still. Ist trotzdem sehr hilfreich, da man auch sehr gut beobachten kann, ob die Drehzahl konstant ist.

Die Scheibe einfach in Originalgröße ausdrucken, ausschneiden und auf den Plattenteller legen. Die Beleuchtung am Besten mit einer Leuchtstofflampe (Energiesparlampe)vornehmen, da so der Effekt am Deutlichsten zu sehen ist.


Links zum Thema Restaurieren:
Grammophon-Bastler - viele Angebote zur Beschaffung von Ersatzteilen, schön aufgemacht
Das
Radiomuseum Bocket von Hans Stellmacher hat hier einige interessante Tipps

Die Bücher: Grammophone und Phonographen von Ch. Proudfoot ISBN 3-7667-0562-8 und
Phonographen und Grammophone von Jüttemann
sind unentbehrliche Helfer zu allen Fragen der Instandsetzung und Restaurierung


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